Flugreise nach Nordamerika und die Rechte von Fluggästen

Flugreise nach Nordamerika und die Rechte von Fluggästen

Die Reisezeit ist gekommen und der lang ersehnte Urlaub in die USA oder Kanada steht an. Allein in die USA reisten 2010 über 1,7 Millionen Deutsche, 2011 verzeichnete das “Land der unbegrenzten Möglichkeiten” sogar ein Plus von 100.000 Touristen aus Deutschland. Doch nicht für jeden Reisenden verläuft die Anreise nach Nordamerika ohne Komplikationen. Zwar beginnt für viele Menschen bereits beim Zuschließen der Haustür der Urlaub, doch können gerade am Flughafen unterschiedliche Probleme auftreten, die die Urlaubsstimmung vorerst trüben. Unwetter, Streiks, Verspätungen oder verlorene Koffer sorgen erst einmal für Ärger im Urlaub. Um in diesen Situationen zumindest etwas Gelassenheit bewahren zu können, ist es hilfreich seine Rechte als Fluggast zu kennen.

Mein gutes Recht: Wann und welche Ansprüche hat man?

In Europa können sich Fluggäste auf die Fluggastrechteverordnung 261/2004 des Europäischen Parlaments stützen, sofern es zu Verspätungen oder Annullierungen kommt. Aber in den USA oder in Kanada gelten diese Regelungen sicherlich nicht, oder? Eine allgemeine Regelung, ähnlich wie die der EU, gibt es in den USA nicht. In der Regel können Fluggäste – vor allem bei Inlandsflügen, die sehr häufig überbucht sind oder last minute gestrichen werden – auf einen Übernachtungs- und Frühstücksgutschein hoffen. Für Reisende aus Deutschland tritt allerdings zusätzlich die EU Verordnung für Fluggastrechte in Kraft – vorausgesetzt einige Anforderungen werden erfüllt.

Die Fluggastrechte-Verordnung (EG) Nr. 261/2004 gilt bei Flügen nach Nordamerika, wenn:

  • der Abflugort innerhalb der EU liegt (gilt auch für internationale Fluggesellschaften)
  • der Flug von einer Airline durchgeführt wird, die ihren Sitz innerhalb der Europäischen Union hat

Aber wie und wann greift die EU Verordnung für Fluggastrechte, wenn man in die USA oder nach Kanada fliegen möchte? In vier verschiedenen Fällen können Fluggäste unter der Voraussetzung bestimmter Anforderungen ihre Ansprüche geltend machen: Wenn der Flug Verspätung hat oder annulliert wird, wenn er überbucht ist oder der Anschlussflug nicht erreicht werden kann.

Flugverspätung

FlugverspätungVersorgungsleistungen sowie Schadensersatz muss eine Fluggesellschaft bei einem verspäteten Flug dann zahlen, wenn dieser mindestens drei Stunden später am Zielort landet, die Verspätung von der Airline verursacht wurde – beispielsweise bei einem technischen Defekt – sowie wenn die Beförderung mit dem ursprünglich gebuchten Flug statt gefunden hat. Ausgeschlossen sind demnach Verspätungen durch Wetter, Streiks oder Luftraumsperrungen.

Die Entschädigungszahlung wird je nach Flugstrecke pro Flug gestaffelt:

  • 250 Euro bei bis zu 1500 km
  • 400 Euro bei bis zu 3500 km
  • 600 Euro bei über 3500 km

Zusätzlich zur Entschädigungszahlung kann die Airline ab einer Verspätung von etwa zwei Stunden dazu verpflichtet werden, Versorgungsleistungen zu erbringen. Diese beinhalten vor allem Getränke und Lebensmittel, kostenlose Telefonate (o.a. Kommunikationsmittel) sowie eine Hotelübernachtung inklusive Transfer. Zur Leistung der Versorgungsleistungen ist die Airline auch dann verpflichtet, wenn sie für die Verspätung des Fluges keinerlei Schuld trägt.

Flugausfall

FlugausfälleWurde der Flug komplett gestrichen, können Fluggäste unter bestimmten Voraussetzungen Ansprüche auf Ersatzleistungen sowie Rückerstattung des Ticketpreises und Versorgungsleistungen geltend machen. Dies setzt voraus, dass der Flugausfall nicht mindestens 14 Tage vor Abflugdatum bekannt wurde, der gebuchte Flug nicht statt gefunden hat, die Fluggesellschaft den Ausfall zu verschulden hat sowie dass der Abflugort innerhalb der EU war oder die Airline ihren Sitz in der EU hat.

Überbuchung

Im Falle einer Überbuchung haben Fluggäste folgende Rechte: Anspruch auf Versorgungsleistungen (Getränke, Mahlzeiten, kostenlose Kommunikation, etc.), Ersatzbeförderung oder Ticketrückerstattung sowie Entschädigung bis zu 600 Euro. Dies setzt allerdings folgende Punkte voraus:

  • der gebuchte Flug fand nicht statt
  • die Airline verweigert unbegründet den Transport mit dem gebuchten Flug
  • es bestehen keinerlei Ausschlussgründe (wie z.B. Krankheit, Beeinträchtigungen, Sicherheitsrisiken)
  • der Check-In gemäß der jeweiligen Zeiten vor dem Abflug erfolgte
  • Abflughafen und/ oder Zielflughafen liegen innerhalb der EU oder der Flug wird von einer Airline durchgeführt, deren Sitz innerhalb der EU ist

Verpasster Anschlussflug

verpasster AnschlussflugBei Anschlussflügen ist die Rechtslage etwas undurchsichtiger. Wer beispielsweise von Düsseldorf zunächst nach London fliegt, um von dort über den großen Teich zu kommen, hat immer noch Anspruch auf seine Fluggastrechte. Er befindet sich ab London zwar in einem Anschlussflug, startet aber nach wie vor aus einem EU Land. Der Fluggast kann hier seinen Anspruch auf Versorgungsleistungen, Ersatzbeförderung, Ticketrückerstattung sowie Entschädigung geltend machen – vorausgesetzt der gebuchte Flug fand statt, die Buchung mehrerer Flüge ist durchgehend (eine Buchungsnummer), der Zubringerflug Verspätung hatte und der Ab- beziehungsweise Anschlussflug innerhalb der EU gestartet ist.

Wurden die Flüge – zum Beispiel von Amsterdam nach London, von London nach Toronto – einzeln gebucht, muss sich der Reisende selber um den weiteren Transfer bemühen. Doch auch in diesem Fall steht der Reisende nicht alleine da, dann gilt das so genannte Montrealer Übereinkommen. Demnach kann der Fluggast Ersatzleistungen und Entschädigung beanspruchen, vorausgesetzt er hat die Verspätung nicht selbst herbei geführt (bspw. die Umsteigezeit bei der Buchung zu knapp kalkuliert).

Ansprüche durchsetzen kann zeitraubend sein

Zwar zeigen die EU Fluggastverordnung und auch das Montrealer Übereinkommen auf zu welchen Bedingungen Fluggäste Entschädigungen oder Versorgungsleistungen erhalten, allerdings kann es unter Umständen sehr mühsam und zeitraubend sein diese Ansprüche bei der Airline geltend zu machen. Grundsätzlich kann jeder Fluggast seine Rechte bis zu drei Jahren nach Reisedatum geltend machen. Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Entschädigungen auch zügig eintreffen. Unterstützung finden Fluggäste in diesen Situationen bei Beratungsstellen oder Agenturen wie Flightright, die Reisende über ihre Rechte aufklären.

Stand: August 2014

1 Kommentar

  1. Ralf Klein

    Diese Informationen waren mir bis jetzt nicht bekannt. Ich hoffe allerdings auch, daß bei unserem Urlaub über Weihnachten alles pünktlich abläuft. Danke, Ralf

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